Glenwood Springs, CO – Escalante, UT

Von Bergen, Canyons und Geisterstädten

Von Glenwood Springs geht es Richtung McClure Pass erneut in die Berge. Da die Region um den Grand Mesa National Forest sehr schön sein soll, haben wir uns für diesen kleinen Umweg entschieden. Der Tag scheint jedoch unter keinem guten Stern zu stehen. Bereits am Morgen nieselt es auf das Zelt und den ganzen Tag über ist es eher durchwachsen. In Redstone stoppen wir wegen zu starkem Regen und gönnen uns einen Kaffee und einen kleinen Plausch mit Sergio, einem jungen Tourenradler aus Colorado. Zum Glück hört der Regen alsbald auf und wir können uns an den Anstieg auf den McClure Pass, unser heutiges Tagesziel, begeben. Mitten auf dem für amerikanische Verhältnisse recht steilen Anstieg setzt der Regen wieder ein. Na toll, kein Unterstand weit und breit und unter den Regensachen schwitzt man durch die Anstrengung so stark, dass man sie auch weg lassen kann. Aber es hilft nix und wir kämpfen uns, jeder vor sich hin starrend, der Berg hinauf. Zwischendurch versuchen wir uns gegenseitig zu motivieren, was anscheinend auch gelingt. Nach gefühlter Ewigkeit im Regen erreichen wir den Pass und schlagen unser Zelt bei aufziehendem Wetter auf. Auch Sergio hat die Passhöhe (vor uns) erreicht und so klingt der Tag mit heissem Tee und etwas Plauderei über das Radfahren aus. Ende gut, alles gut!

Kalt, aber sehenswert ist die Abfahrt den Berg hinunter am kommenden Morgen. Umgeben von waldbewachsenen Hängen führt das Tal hinab nach Hotchkiss, wo wir uns mit heisser Schokolade und Kaffee stärken. Ab Hotchkiss wird die Landschaft spürbar karger und trockener und das soll erst der Vorgeschmack auf die kommenden Tage sein. Wir beschließen, unseren Radtag in Delta auf einem Campingplatz zu beenden und bekommen am Abend Besuch von unser Nachbarin Sharon, die uns mit köstlichen Tamales (mit Fleisch gefüllte Maisteigrollen) beschenkt. Passt super zum kalten Bier. 🙂 Danke!

An den nächsten zwei Tagen fahren wir über Grand Junction nach Cisco, unter anderem parallel zur Interstate 70, durch trockenes, mit verdorrten Grassbüscheln bedecktes Land – ein ziemlich lebensfeindlicher Anblick. Ein Stück weit müssen wir auf die Interstate wechseln und unser erster Ausflug auf einen Freeway ist gar nicht so schlecht. Autobreiter Seitenstreifen, guter Asphalt und „Rumble Strips“ zwischen uns und der Fahrbahn – wir haben lange nach einem deutschen Begriff gesucht, aber keinen gefunden; Vorschlag von Ina: „Huppelstreifen“. Okay, der Verkehr ist laut und wenig idyllisch, aber dafür gibt es ja Kopfhörer und Musik und zwischendurch überqueren wir die Grenze nach Utah, dem elften Bundesstaat auf unserer Route.

Weg von der I-70 wollen wir im Städtchen Cisco unsere Wasservorräte auffüllen und irgendwo in der Nähe unser Lager aufschlagen. Wider Erwarten ist Cisco jedoch keine leuchtende Oase in der Wüste, sondern eine filmreife Geisterstadt. Schrottreife Lastwagen, schief im trockenen Wind klappernde Werbeschilder und jede Menge eingestürzter Holzhütten. Hohl wie ein ausgeblasenes Ei liegt das einzige Lebensmittelgeschäft vor uns. Wir haben kein Wasser mehr und bis zum Colorado sind es noch 25km. Zu weit für heute bei bereits untergehender Sonne. Uns bleibt nichts anderes übrig als das einzige bewohnt aussehende Gebäude anzusteuern. Einige Meter hinter dem Eingangstor entpuppt sich dieses jedoch auch als ziemlicher Schrottplatz. Doch es gibt Leben hier, ein Hund kommt auf uns zu gestürmt! Dem ersten Schrecken folgt Erleichterung, als wir mit freudigem Schwanzwedeln und Spielzeugknochen im Maul zum Spielen aufgefordert werden. Doch nach Spielen ist uns ganz und gar nicht zumute, wir brauchen Wasser! Mindestens 10 Minuten stehen wir rufend vor der offenen Eingangstür des rostigen Trailers und gerade als ich widerwillig hinein gehen will, steht der vermeintliche Besitzer in der Tür. Wir sind wohl beide ziemlich erschrocken. Das erklärt wohl auch, dass John uns zwar bereitwillig, jedoch ohne eine Miene zu verrziehen unsere Wasserflaschen füllt. Glück gehabt, denn John ist zufällig nur für 2 Tage hier und tatsächlich EINER der beiden letzten Einwohner des Ortes. Gruselig!

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Cisco

Mit Blick auf die Geisterstadt und die La Sal Berge schlagen wir unser Zelt etwas abgelegen auf und verbringen eine ruhige Nacht in der trockenen Halbwüste Utahs (an das nächtliche Heulen der Kojoten haben wir uns zum Glück schon gewöhnt).

Unser nächstes Ziel heißt Moab, die „Mountainbike-Hauptstadt“ der USA, und wenn man den Aussagen der Einwohner glauben will, sogar der ganzen Welt. ^^ Die Etappe von Cisco nach Moab ist eine wahre Pracht. Umringt von roten Riesen winden wir uns mit dem Colorado gemeinsam durch die tiefe und seltsamerweise namenlose Schlucht entlang des Highway 128.

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Entlang des Highway 128

Drei Nächte verbringen wir im Touristenzentrum Moab bei Randy, unserem radbegeisterten „Warmshower“-Gastgeber. Wir sind nicht die einzigen Gäste, Pascal aus der Schweiz beehrt Randy ebenfalls mit seinem Besuch. Wir verbringen also die Tage mit Fahrradpflege, wissenschaftlichen Sachgeprächen über Radtechnik (Randy arbeitet seit seiner Kindheit in Radläden), einem gepäckfreien Ausflug in den großartigen Arches Nationalpark, biergeschwängerten Abenden und spannenden Reisegeschichten. Eine willkommene Abwechslung ist die Tatsache, dass Pascal bereits seit drei Jahren mit dem Rad unterwegs ist und wir öfters auch mal Zuhörer_in statt Erzähler_in sein dürfen (Pascals Homepage).

Da Utah mit zahlreichen Nationalparks gesegnet ist, geht es für uns im direkten Anschluss zwei Tage lang zum Dead Horse Point State Park bzw. zum Canyonlands Nationalpark mit seinen grandiosen Ausblicken (diesmal von oben) auf die von Colorado, Green River und Erosion geformten Canyons. An dieser Stelle verzichte ich auf eine detaillierte Beschreibung und verweise mit der Bitte um Nachsicht auf die Bildergalerie (siehe Link am Ende).

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Canyonlands NP

Der Wind meint es gar nicht gut mit uns. Stark und trocken blässt er uns ins Gesicht und lässt unser Tempo manchmal auf nur 6km/h sinken. Sehr frustrierend, aber wenigstens kühlend. Der Begriff Radwandern bekommt damit eine völlig neue Bedeutung. So dauert es vier Tage, um den 250km entfernten Capitol Reef Nationlapark zu erreichen. Die Route führt uns dabei über Green River und Hanksville, die einzigen Orte auf dieser Stecke. Wasserversorgung ist aufgrund dieser Abstände für uns ein großes Thema und unterwegs, als wir wegen des Windes Hanksville nicht erreichen können, lassen wir uns von einem Camper mit Wasser aushelfen. Eine leichte Übung für Ina mit ihrem freundlichen Lächeln und ihrer einladenden Art – so kommt man durch die Welt. 😉

Nahezu pünktlich mit dem Eintritt in den Capitol Reef National Park hört der Wind auf und es fühlt sich an wie eine Belohnung für die letzten Tage harter Arbeit. Traumhaft schön ist die Kulisse an unserem Weg. Genau wie im Arches NP und Canyonlands NP hat die Natur ein farbenfrohes und abwechslungsreiches Bild in die Gesteinsschichten gezeichnet. Nach den entbehrungsreichen Tagen ist es ein Genuss durch die Landschaft zu streifen und sich frei zu fühlen. Da stört es auch nicht, dass es vom Nationalpark aus wieder straff bergauf geht. Eine weitere Passquerung über einen namenlosen Pass (9.600 ft) steht an. Doch bevor wir den Pass überqueren, schlagen wir unser Zelt auf einem der billigen „primitiven“ Campingplätze im Dixie National Forest auf, wo wir völlig überraschend von unserem Nachbar auf eine kühles Bierchen eingeladen werden. Vielen Dank! Durch das Fehlen größerer Städte in der Nähe und durch die Höhe von fast 3.000m gilt die Gegend als eine der dunkelsten in den USA und der Sternenhimmel über uns ist wirklich atemberaubend. Wir verbringen den Abend gen Himmel blickend. Wirklich toll dieses Radnomadenleben! Besonders machen es auch die nahezu täglichen Begegnungen mit den Menschen am „Wegesrand“, ob Touristen, Einwohner, Biker, Hiker oder Radkollegen, jede Begegnung ist einzigartig, inspirierend und lässt uns oft mit neuer Kraft weiter ziehen.

Wenig Kraft brauchen wir für die grandiose Abfahrt nach Escalante, von wo aus ich diese Zeilen schreibe. Vom waldbewachsenen, kühlen Gipfel geht es zuerst an die Kante des orangeroten, vom einem grünem Flusstal durchzogenen Calf Creek Canyon und dann zur Hochebene von Escalante mit dem Barney Top im Hintergrund. Für mich ist dieser Abschnitt entlang des Highway 12 von Torrey nach Escalante ein Highlight der bisherigen Tour, mit Bildern, die mir hoffentlich lange in Erinnerung bleiben werden.

Einen digitalen Abzug findet Ihr wir immer in der Galerie und hier.

Kilometer: 9.941km

Höhenmeter: 46.290m

 

Auslosung Monatsrätsel August

Von den zahlreichen Einsendungen haben nur sechs Kandidaten richtig getippt. Die richtige Antwort auf unsere Frage heißt: B – Nach 17 Jahren täglichen Restaurantbetriebs wollen die Drei einfach mal etwas Anderes probieren.

Glücklicher Gewinner der Postkarte aus Utah ist André V. aus L. Herzlichen Glückwunsch, Du bekommst bald Post!!!

12 Gedanken zu „Glenwood Springs, CO – Escalante, UT“

  1. Huh,wow,
    also ihr lieben Radler,
    Ihr wißt wie man mit tollen Fotos den Daheimgebliebenen ein wahres Feuerwerk der Emotionen beschert.
    Das sind ja unglaublich schöne Fotos. Um die alle bewußt genießen zu können, muß man die Bilder mehrmals ansehen .
    Ich bin total begeistert, vielen Dank.
    Mein Gott, was Ihr schon alles erlebt und gesehen habt, da kann man nur sagen: “ alles richtig gemacht“.
    Sagt mal, qualmen Euch nicht schon langsam die Pobacken?
    Eure Kniegelenke müssen doch auch schon langsam Verschleißerscheinungen haben.
    Na, wollen wir mal hoffen das dem nicht so ist, denn sonst ist es ja bald vorbei mit den tollen Fotos.
    Hier ist eigentlich alles beim Alten.
    Also dann, weiterhin gutes vorankommen.
    LG
    Kathrin

  2. Hallo Ihr 2,

    ich wittere Betrug bei der Auslosung der Rätsels.
    Zitat Andre V. „2) wann verkündet ihr, dass ich gewonnen habe?“
    Bin ja mal gespannt wie ihr das erklären wollt? 😉 Ok, ich hatte die falsche Antwort, aber das tut nix zur Sache? Wer war die Losfee?
    Habe mir eben mal Cisco per Street View angeschaut, schaut doch recht gemütlich da aus. 😀

    Denise und ich waren jetzt mal 3 Tage in der Sächsischen Schweiz. 1 Tag Rad fahren an der Elbe, 2 Tage wandern und anschließender Entspannung mit Unterwasser Sound in der Therme Bad Schandau.
    Gestern hab ich mich dann mal in den Trailpark auf den Rabenberg gewagt. Macht echt Laune und Höhenmeter macht man auch genug, da man alles was man runter fährt selbst wieder hoch radeln muss. Da kommen schnell mal 1000 HM zusammen. Aber mit einem tollen MTB macht das auch super Spaß. 😀
    Hier wird es jetzt langsam kälter, aber ich werde weiter tapfer mit dem Rad auf Arbeit fahren und dabei an euch denken.

  3. Sehr schön! Ick froi mir!!!!!

    Zwar steht mein Name nun auf der Siegerliste, aber ich möchte mich an dieser Stelle bei meinen Eltern, Charles Darwin & Guy Fawkes bedanken, ohne deren Hilfe bzw. Inspiration diese Leistung nicht möglich gewesen wäre 😉

    LG, besonders an René,
    der glückliche Gewinner!!!!!!

  4. Hi, glad to read the progress of your trip. I was Very concerned
    about water and where you were crossing, very good to hear
    you are working that out day by day.
    Some years back I also camped at Dead Horse Point in UT.
    Enjoy the Mexican food ahead on your travels.
    Have a Wonderful Time!!! High Fives!!

    1. Hey Sharon,

      nice to read that you´re still following us. 🙂
      No worries, there are always helpful people on the way who at least offer water AND we ate a lot of burritos in Springdale (Zion NP). 😉

  5. Hallo ihr beiden Radler,
    dieses mal sind eure Fotos besonders beeindruckend. Da kann man schon ins träumen kommen beim lesen und Fotos schauen. Ich glaube, bei den vielen Eindrücken könnteich nachts gar nicht schlafen. Aber die endlose Weite und dann noch im regen radeln bringt einem auch wieder ein Stück weit runter.
    Ich bewundere euch und wünsche noch viele tolle Erlebnisse. Ich freue mich auf jeden neuen Bericht .
    Herzliche Grüße für euch von Christine

  6. moin ihr beiden,
    bei all des nationalpark-wahnsinns den ihr wahrscheinlich gerade erlebt (angels landing im zion ist schon krass, oder?) solltet ihr das ausmaß des wahnsinns in eurem aktuellen land nicht vergessen der gerade wieder deutlich geworden ist….unglaublich aber wahr….wie auch immer, euch beiden weiterhin alles gute und toi toi toi…..der überforderte officer…

  7. Hallo Ihr 2,

    wir (Heike und Klaus) sind gestern wieder in Wiesbaden „gelandet“. Es war schön, mit Euch auf der Passhöhe vor Escalante eine gemeinsame Kaffeepause gemacht zu haben.

    Wir waren auf dem Campingplatz in Hanksville und die Spare Rips waren eine Spitzen-Empfehlung. 🙂 Die Begegnung mit Euch hat bei uns noch lange nachgewirkt und spätestens bei jedem Radfahrer, den wir auf der Strecke gesehen haben, waren wir in Gedanken wieder bei Euch. Wir haben uns immer wieder gefragt, wo ihr wohl gerade seid. Jetzt freuen wir uns, dass wir das von zu Hause aus gespannt verfolgen können.

    Weiterhin alles Gute!! Wir senden Euch noch den Link zum Buch des Weltumradlers aus England.

    Liebe Grüße,
    Heike und Klaus

  8. Gesagt, getan. Den jungen Mann habe ich mal in einem Vortrag gehört … Sehr unterhaltsam. Passt zu Eurem Thema. 🙂

    Alastair Humphreys. Moods of future joys. London, Eye Books, 2007.

    http://www.amazon.de/Moods-Future-Joys-Alastair-Humphreys/dp/1903070856/ref=sr_1_2?s=books-intl-de&ie=UTF8&qid=1443953786&sr=1-2&keywords=alastair+humphreys

    oder

    The Boy who biked the world und andere Bücher von ihm.

    http://www.amazon.de/Boy-Biked-World-Alastair-Humphries/dp/1903070872/ref=sr_1_3?s=books-intl-de&ie=UTF8&qid=1443953786&sr=1-3&keywords=alastair+humphreys

    1. Hallo Ihr beiden,

      vielen lieben Dank für die Links.
      Schon verrückt, wie schnell die Zeit vergeht: Gerade wart Ihr erst seit ein paar Tagen unterwegs und nun seid Ihr schon wieder zurück zu Hause.
      Wir hoffen, Ihr hattet einen guten Start in den Alltag und könnt noch lange von den Reiseerinnerungen profitieren.

      Wir freuen uns, wieder von Euch zu lesen.

  9. moin ihr beiden uno-athleten,
    wir hoffen euch geht es weiterhin gut im sattel & freuen uns schon auf die nächsten bilder, die bestimmt/hoffentlich bald kommen! wollte euch nur schnell noch die info zukommen lassen, dass ihr nun auch im „golden state“ die sicherlich jeden tag gut durchgeschwitzten radklamotten an der luft trocknen könnt, was ja bisher bei den kaliforniern verboten war…..nachweis im link hinterm namen 😉 ansonsten hoffe ich, dass ihr auch mal schwimmen geht und eine runde joggen einbaut 😉 vielleicht ja in SF, die haben da ein paar „steile-wand“-style überraschungen im programm…na wie auch immer, ihr macht das schon, da verlass ich mich auf euch….vg aus dem wirklich schönen L und bis hoffentlich bald (was auch immer has heißen mag), der offiver nebst bereits schlafender restfamilie….

    1. Lieber Officer,

      hab noch etwas Geduld – der nächste Blogeintrag steht kurz vor der Vollendung.

      Danke für den Hinweis – bisher hatten wir ohne nachzudenken unsere stinkigen, verschwitzten Klamotten einfach überall ausgebreitet. Das wird sich ab heute ändern!

      Eine Runde Joggen wäre grandios. Leider fehlt mir das passende Schuhwerk. Und Du weißt ja, was bei falschem Laufen mit dem Körper passieren kann…

      Ach ja, und da war ja noch was offen: Familie Walsh zog aus Minneapolis, Minnesota nach Beverly Hills, 90210.

      Gehabt Euch wohl im schönen L

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