La Paz – Cancún, Mexiko

Einmal quer durch Mexiko

Wir sind wieder ON! Mit neuem Netbook, von meinen Eltern persönlich überbracht, und funktionstüchtigem Handy ausgestattet – herzlichen Dank an den edlen Spender aus Ramsin – soll Eure ausgiebige Geduld hiermit belohnt werden. Dir, liebes Bruderherz, ein ganz großes Dankeschön für den informationstechnologischen Service! :-*
Mehr als zwei Monate sind seit dem letzten Blogeintrag vergangen – es gibt eine Menge zu berichten.

Die Kurzfassung: Wir haben weitere 16 Bundesstaaten durchquert, nochmals 3.550km in Mexiko zurückgelegt, Tortillas, Frijoles und Reis in allen erdenklichen Variationen gegessen, diverse Überraschungen erlebt und jede Menge freundliche Menschen kennengelernt.

Die Langversion bedarf etwas mehr Zeit… vielleicht holst Du Dir noch schnell Dein Lieblingsgetränk.

Beginnen wir mit Weihnachten in La Paz am Golf von Cortez. Ein komisches Gefühl zu dieser Zeit unter Palmen zu sitzen, weit weg von zu Hause. Da kommt nur teilweise Weihnachtsstimmung auf. Doch zumindest kulinarisch bewegen wir uns nah am Original. Heiligabend gibt es Bratwürste mit Kartoffeln und Schmor- statt Sauerkraut, am 1. Weihnachtsfeiertag Wiener Würstchen mit Kartoffelsalat.
Am 2. Weihnachtsfeiertag brechen wir Vormittags aus unserem Domizil auf zum nördlich von La Paz gelegenen Hafen. Und tatsächlich dürfen wir auf der Frachtfähre, die grundsätzlich nur Kfz vorbehalten ist, mit nach Mazatlán übersetzen.

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TMC-Fähre von La Paz nach Mazatlán

Auf der Fähre lernen wir Ben aus Marburg kennen, der seit zwei Jahren in Mexiko unterwegs ist. Er empfiehlt uns entgegen unserer bisherigen Pläne statt direkt in die Berge doch besser die wunderschöne Pazifikküste gen Süden zu reisen und erst südlich von Acapulco vom Pazifik an die Golfküste zu wechseln.
Heftiger Seegang am Abend – wir sitzen gerade beim im Preis inbegriffenen Abendessen und haben Mühe, Teller, Gewürze und Tacos festzuhalten – sorgt dafür, dass unsere im Laderaum befindlichen Räder umfallen und dabei das Laptop-Display dauerhaften Schaden nimmt. Wir beide überstehen die Nacht auf bzw. unter den ausgedienten Flugzeugsitzreihen an Bord der Fähre wohlbehalten.
Als nahezu letzte Passagiere radeln wir am nächsten Morgen von Bord und erkunden die historische Altstadt von Mazatlán. Mit Gebäck und Kaffee aus der Panaderia sitzen wir am Plazuela Machado und lassen das bunte Treiben aus Hochzeitsgesellschaften, Tourist*innen und Händler*innen auf uns wirken.

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Weihnachtsschmuck in Mazatlán

Nach der dürren Landschaft der Baja California ist das vielfältige Grün der Küste – Wälder, Obst- und Gemüseplantagen, Bäume mit rosa Blüten, Gräser und Palmen – eine wahre Wohltat für unsere Augen. Unsere erste „wilde“ Nacht auf dem mexikanischen Festland verbringen wir auf dem Gelände einer kleinen Dorfkapelle.
Ich habe das Gefühl, in Sinaloa bzw. Nayarit kommen wir im wirklichen mexikanischen Leben an mit seinen kleinen Dörfern, Essensständen direkt an der Schnellstraße,kleinen Lebensmittellädchen, auf Feldern arbeitenden Menschen, Musik aus Häusern, Autos, Geschäften und Hundegebell immer und überall … sowie einem großen Maß an Luftfeuchtigkeit und damit verbunden einer Unmenge an Mücken.

Die Silvesternacht verbringen wir weitab von feierlichem Trubel an einem einsamen Strand, Playa Las Tortugas, mit Bier, Tostados und einem romantischen Lagerfeuer. Bedauerlicherweise kommen die Schildkröten, nach denen der Strand benannt ist, in dieser Nacht nicht an Land um Eier zu legen. Geschafft von der Schwüle des Tages schlüpfen wir beide gegen zehn in unsere Schlafsäcke und werden um Mitternacht nur kurz vom in der Ferne aufleuchtenden Feuerwerk wach. Zum Neujahrsmorgen begrüßt uns eine Formation Pelikane, die von links nach rechts und wieder nach links dicht über die Wellen fliegt, während wir frühstücken.
Im krassen Gegensatz zur Silvesternacht steht der folgende Abend: San Francisco Pancho bebt vor Energie. In-und ausländische Touristen bevölkern die Straßen dieses kleinen Ortes, der Strand ist voller Zelte, Sonnenschirme, Kühlboxen und das Ganze erinnert an Festivalstimmung. Wir mittendrin…

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Strand von San Pancho

 

Den „Angriff“ eines aus dem Nichts auftauchenden, fies aussehenden, keinen Ton von sich gebenden Terriers, der am folgenden Radtag wild nach meiner hinteren Radtasche schnappt, überlebt diese glücklicherweise unbeschadet und auch ich schramme an einem Herzinfarkt vorbei. Hunde die bellen, beißen nicht. Und umgekehrt???

Für Puerto Vallarta nehmen wir uns etwas Zeit und tauchen für einen Nachmittag ein in den Trubel entlang des Malecón. Hier reihen sich Restaurants an Souvenirläden und Hotels. Radfahren erfordert unsere gesamte Konzentration: zum einen sind da die unberechenbaren Fußgänger*innen, zum anderen haben wir in den Nebenstraßen hübsch anmutendes Kopfsteinpflaster zu bewältigen. Gegen Abend verlassen wir die Stadt und finden in Mismaloa ein Plätzchen unter der Brücke: Manolos Ranch, die Reitausflüge für Tourist*innen aus Puerto Vallarta veranstaltet, bietet uns an der ansonsten steilen Küste eine sichere Schlafgelegenheit. Das Plätschern des Flusses lullt uns nach einem Bad im Pazifik sanft in den Schlaf, lässt uns sogar den Verkehrslärm über uns vergessen.

Wo wir noch so übernachtet haben in Mexiko? Ach, da gibt es diverse Tankstellen der einzigen (staatlichen) Kette namens PEMEX in Abstufungen von gepflegtem Rasen über vereinsamte Müllhalde bis hin zu Betonboden inmitten der Baustelle.
Oder das schützende Dach auf der Farm von Luis und seinem Compadre, wo wir an einem Tag mit fiesem Regen unser Zelt zwischen Traktor und Mähdrescher aufschlagen dürfen, was uns den Abend rettet.
Außerdem entdecken wir sogenannte Auto-Hotels als für uns geeignet. Sie bieten in der Regel am Rand größerer Ortschaften eine günstige Unterkunft mit teilweise sehr luxuriöser Ausstattung. Die Tarife sind gestaffelt nach zwei, vier oder zwölf Stunden Aufenthalt und zur Wahrung der Anonymität hat jedes Appartement seine eigene Garage mit Rolltor bzw. Plastikvorhang (je nach Preisklasse). Ihr seid im Bilde?
In guter Erinnerung wird uns auch die Nacht in Casimiro Castillo bleiben. Im Herzen einer Gated Community campen wir gut bewacht im Park.
Die Orte für unsere Wildcamping-Praxis reichen von verwilderten Palmenplantagen über Feldränder, Baustellen und Maisfelder bis hin zu einer Wiese mit einem winzigen Teich.

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Unsere Schlafplätze (v.l.): Unter der Brücke, An der Tankstelle,

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An der Landstraße, An der Dorfkirche,

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Auf der Farm, Am Dorfteich,

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Im luxuriösen Auto-Hotel, An der Pferdeweide,

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In der Palmenplantage

Doch zurück zum chronologischen Bericht: Südlich von Puerto Vallarta führt die Route ein Stück ins Hinterland und wir stellen fest, wie gut es uns doch in den Bergen gefällt. Nach zwei weiteren schwülheißen Tagen, einer Nacht in einer wunderschönen, versteckt gelegenen Bucht und endlosem Auf und Ab entlang der Küste mit gelegentlichem Blick auf den Pazifik beschließen wir bei unserer Ankunft in San Patricio Melaque, die Küstenstrategie doch zu verwerfen und zum Lago de Chapala auf das Altiplano Mexikos zu radeln. Also starten wir am nächsten Morgen, den 06. Januar, in die Berge und als wir zum zweiten Mal an diesem Tag auf 500m Höhe ankommen und sich mir der Ausblick auf das vor uns liegende Tal bietet, geht mir das Herz auf. Ich bin eben doch ein erzgebirgisches Bergkind!

Hinauf auf die Hochebene bedeutet zwar erst einmal mehrere Tage Kletterei auf knapp 2.000m, doch diese Mühen werden mit kühler Luft (mitunter auch frostigem Erwachen am Morgen), nahezu Mückenfreien Abenden und immer wieder tollen Aussichten belohnt. Auch den winzigen Sandflies, die unbemerkt und fast unsichtbar den Körper regelrecht zerbeißen, kehren wir damit den Rücken.
Nach vier Tagen ist die Sierra Madre Occidental überwunden und wir erreichen Jocotepec am Lago de Chapala und gönnen uns nach den Strapazen erst einmal einen Ruhetag. „A complete revaluation takes place in your physical and mental being when you’ve laughed and had some fun.“ lese ich in Each day a new beginning – Daily mediations for women während die Waschmaschine uns saubere Kleidung beschert. In diesem Sinne erfreuen wir uns am Nachmittag gemeinsam mit tausenden Einheimischen am festlich bunt geschmückten Stadtzentrum anlässlich der Fiesta Grande.

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Lago de Chapala

 

Unsere dritte Nacht am Lago de Chapala ist besonders erinnerungswert. In Ermangelung irgendwelcher Alternativen – rechts von uns fällt das Ufer steil ab, links von uns geht es steil bergan – fragen wir im Zentrum des kleinen Örtchens San Pedro Itzicán bei der Delegacion Municipal, wo wir denn an einer sicheren Stelle übernachten könnten und werden zu Kirche geschickt. Nach ersten Irritationen bezüglich unseres Anliegens sowie längerem Warten, während dessen sich die Kinder des Dorfes um uns versammeln und uns und unsere Räder bestaunen, teilt uns der Ministrant mit, dass der Padre sein Einverständnis erklärt hat und wir im Kirchhof übernachten dürfen. Bevor der freundliche Mann nach Hause geht, erklärt er uns noch, dass er das Tor zuschließen und morgen früh halb fünf wieder öffnen wird. Sehr gern, so fühlen wir uns zwar ein bisschen wie im Zoo (am Zaun tauchen regelmäßig Kinder auf, um nach unserem Treiben zu schauen und uns zu rufen), sind jedoch auch sicher „verwahrt“. Ich erkläre noch, dass wir bis etwa halb sieben schlafen. Das viel sagende Nicken meines Gegenübers erklärt sich am nächsten Morgen recht schnell. Gegen fünf wird es im Kirchhof allmählich unruhig, um 5:45Uhr werden die ersten drei Feuerwerksraketen gezündet und hin und wieder ist ein Musikinstrument zu vernehmen. Bei all dem schlummern wir beide immer noch sanft weiter, schließlich haben wir ja schon direkt an der Schnellstraße, unter der Brücke und nahe der Bahngleise übernachtet. Punkt sechs werden wir mit Pauken und Trompeten aus dem Schlaf gerissen: Die örtliche Kapelle spielt ihr gesamtes Repertoire von drei Stücken. Mangelndes Talent wird dabei durch Inbrunst ausgeglichen. Schlaftrunken klettern wir nach dem ersten Schock aus dem Zelt, als die Kombo gefolgt von mehr als hundert Gläubigen und dem Pater zur Prozession durch den Ort aufbricht und nun wiederum uns irritiert zurück lässt.

Unser nächstes größeres Ziel heißt Teotihuacán, eine archäologische Fundstätte etwa 50km nordöstlich von Mexiko-Stadt gelegen. Auf dem Weg dorthin pilgern wir entlang der Ruta del Tequila, durchqueren das Valle de las Siete Luminarias und erobern die Ruta de Los Conventos. Unzählige kleine, mitunter malerisch gelegene Dörfer, reich geschmückte Kirchen und Klöster im Wechsel mit farbenfrohen, geschäftigen Städten säumen unseren Weg.

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Valle de las Siete Luminarias

 

Nach den Nebenstraßen Jaliscos und Michoacans tauschen wir den Untergrund zwischenzeitlich in feinsten Autobahnasphalt, bis uns das „Bodenpersonal“ an einer Auffahrt sehr bestimmt an der Weiterfahrt hindert. Zu gefährlich!
Auf etwa 2.200m Höhe erwartet uns dann (endlich) ein feines Hochplateau – wir fahren vorbei an Seen und Feldern, Wäldern und Höhen. So darf es bleiben! Doch wir nähern uns dem Großraum Mexiko-Stadt. Das heißt, wir sehen uns konfrontiert mit zunehmendem Verkehr, steigender Bevölkerungsdichte und ebenfalls dichter werdenden Smogwolken. Das haben wir erwartet. Was uns unerwartet trifft, ist die Kälte am Morgen des 19. Februar im Zentrum von Huehuetoca. Die Menschen hier tragen bei etwa 5 Grad Celcius ihre Winterkleidung und auch wir kramen aus den Tiefen unserer Taschen Beinlinge, Kopftücher und Handschuhe hervor.
Teotihuacán, der Ort, an dem die Menschen zu Göttern werden, fasziniert mit seiner ausgedehnten Anlage. Wir besteigen die mit 65m Höhe drittgrößte Pyramide der Welt, die Sonnenpyramide, und schauen von der Plattform der Mondpyramide dem Treiben bunt gemischter Touristengruppen zu. In der Blütezeit der Stadt sollen hier 85.000 Menschen auf 20qkm gelebt haben.

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Sonnenpyramide, Teotihuacán

 

Nach zwei Nächten an diesem geschichtsträchtigen Ort schwingen wir uns wieder auf die Räder – ich fühle mich hundertprozentig im Reisemodus angekommen und kann mir gerade nichts Schöneres vorstellen als durch die Welt zu tingeln. Über das Altiplano, eine weite flache Landschaft mit kleinen Anstiegen und langen, sanften Abfahrten, umgeben von Nopal-Plantagen und abgeernteten Maisfeldern, verlassen wir den Bundesstaat Mexiko und gelangen über Hidalgo in das Bundesland Tlaxcala. In der Ferne erspähen wir bereits die schneebedeckten Gipfel von Iztaccihuatl (5.230m) und Popocatépetl (5.436m). Diese Aussicht bleibt uns gemeinsam mit dem Blick auf Malinche (4.503m) und den Pico de Orizaba (5.636m) für mehrere Tage erhalten. Die Gegend in Tlaxcala ist im Vergleich zum Großraum Mexiko eine Oase der Stille.

Wir arbeiten uns zum zweiten Höhenrücken Mexikos hin, die Sierra Madre Oriental. Der Pico de Orizaba scheint uns regelrecht zu erwarten, zwei Tage steuern wir direkt auf ihn zu. Dem sanften, 40km langen Anstieg auf letztendlich 2.806m Höhe folgen neben tollen Aussichten noch einige anspruchsvolle Stellen bergauf – um uns herum Landwirtschaft an steilen Hängen, zahllose Bergdörfer mit Musik, Glockengeläut und festlich geschmückte Menschen – und dann eine turbulente Abfahrt. Wir überwinden Schotterpisten, manövrieren um Baustellen und Schlaglöcher und gelangen durch tropische Natur hinunter nach Orizaba, wo wir uns mit einer reichhaltigen Kaffeepause belohnen. Im geschichtsträchtigen Córdoba – hier wurde 1821 die Unabhängigkeit Mexikos unterzeichnet – stoppen wir für diese Nacht.

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Pico de Orizaba

Es folgen einige recht ereignislose Tage, in denen wir uns stetig und beharrlich, jedem Wetter trotzend Richtung Yucatán voran arbeiten. Eine Ausnahme bildet der Aufenthalt in Tierra Blanca im Hotel „Del Angel“. Das Besitzerpaar Kaspar & Lulu ist sehr begeistert von unserem Abenteuer und sehr entgegenkommend. In Tierra Blanca erwerbe ich den inzwischen dritten Hinterreifen, da der alte auch schon wieder total ruiniert ist.

Auf dem Weg nach Sayula de Aleman erleben wir behördliches Engagement der besonderen Art: Gegen Mittag werden wir von der Policia Federal gestoppt und der besorgte Polizist erklärt Mirko, dass er den Verkehr hinter ihm nicht sehen könne, wenn ICH hinter ihm mitten auf der Straße fahre. Wir mögen doch also bitte in einer Linie hintereinander oder auf der anderen Seite dem Verkehr entgegen fahren. Übrigens, um uns zu überholen, war der Mann mit etwa 50cm „Sicherheitsabstand“ an uns vorbei gerauscht. Ihr könnt Euch sicher vorstellen, wie mein emanzipiertes Radfahrerinnenherz in Rage war! Wieso erklärt der Herr mir das nicht selbst?!? Mirko hingegen bedankt sich lächelnd und schüttelt dem Mann die Hand. Doch damit nicht genug! Nur wenige Minuten später kommt uns das Polizeifahrzeug wieder entgegen, um uns kurz darauf für etwa 10km mit Rundumleuchte zu begleiten. Wie singen Kettcar:“Das Gegenteil von gut ist gut gemeint.“ und so verleitet dieser Begleitschutz Pkw und Lkw zu teilweise riskanten Überholmanövern, die es ohne nicht geben würde.

Nuevo Teapa, Heroica Cárdenas, Villahermosa heißen die größeren Orte entlang unserer Route auf der MEX 180 bzw. MEX 186, in Catazaja biegen wir nach Süden Richtung Palenque ab. Bei der Ankunft auf dem mitten im Nationalpark gelegenen Maya Bell Campground werden wir von mehreren Brüllaffen in den Bäumen begrüßt, die wir später auch noch wild brüllen hören – ein äußerst ungewöhnlicher Sound. Am Abend ist nur noch das Summen und Zirpen des Dschungels übrig – schöne Klänge zum Einschlafen.
Die Ruinen von Palenque liegen umgeben von Dschungel und versetzen uns mit ihrer architektonischen Vielfalt und majestätischen Erhabenheit in Erstaunen. Beeindruckend, wie gewandt, kreativ und überlegt die Mayas bereits vor 1.500 Jahren waren. Teile der Anlage wurden erst vor etwa 20 Jahren freigelegt.

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Ruinen von Palenque

 

Bei der Abreise aus Palenque passiert folgende (witzige) Episode: Wir stoppen am örtlichen Obst- und Gemüsemarkt und plötzlich gibt es einen lauten Knall. Erschrocken wie ich bin, schreie ich erst einmal laut. Mein erster Gedanke: Wer um alles in der Welt schießt denn hier mit Silvesterknallern?!? Im gleichen Moment fällt mein Rad um. Es stellt sich heraus, dass der Knall von der Explosion meines (neuen) Hinterreifens stammt. Da war Mirko beim Aufpumpen an der Tankstelle vor zehn Minuten wohl doch ZU ambitioniert. Zum Glück gibt’s gleich um die Ecke eine Art „Reifen für alles“-Laden und an Publikum für den Reifenwechsel fehlt es ebenfalls nicht.

Zwei regenreiche und entsprechend motivationsarme Tage veranlassen uns, den dritten Regentag in Escarcega auszusitzen. Die Stadt hat wenig außer einem trockenen Hotelzimmer und WiFi zu bieten, was wir gut für einige organisatorische Dinge nutzen können. Es ist eben doch alles für etwas gut.
Als wir Escarcega in nördlicher Richtung verlassen, ist der Regen Vergangenheit. Jetzt kämpfen wir mit Gegenwind bis wir Campeche am Golf von Mexiko erreichen. Eine erste abendliche Erkundungstour durch die Altstadt von Campeche, seit 1999 UNESCO-Weltkulturerbe, führt uns direkt in eine mexikanische Karnevalsfeier: schillernde Kostüme, bunte Gesichter, Musik und tanzende Menschen. Am Morgen sind die engen Gassen der Stadt mit ihren kleinen Häusern und bunt bemalten Fassaden im Licht der Sonne nochmal so sehenswert.

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Weltkulturerbestadt Campeche

 

An der Ruta de Puuc zelten wir vor den Toren der Ruinen von Xlapak, wo uns am Morgen ein Schwarm Motmot-Papageien begrüßt. Sowohl die Ruinen von Xlapak als auch von Labná sind versteckte Juwele auf einer Nebenstraße. Das heißt, in ersteren sind wir allein zwischen Chac-Masken, Säulen und altehrwürdigen Mauern, in zweiteren teilen wir uns die Anlage mit nur einer Handvoll anderer Tourist*innen.
Ab Oxkutzab nimmt die Besiedlung wieder zu – in den letzten beiden Tagen haben wir kaum Menschen zu Gesicht bekommen und mussten uns fast schon um unsere Wasservorräte sorgen. In Maní, einem sehr hübschen Ort mit restauriertem Marktplatz und zahlreichen Nähstuben für die traditionellen Kleider der Maya-Frauen, darf ich in der Backstube der örtlichen Panaderia schweißtreibend die Gebäckstücke für unsere Kaffeepause selbst aussuchen, während sieben Bäcker auf engstem Raum wie am Fließband für frisches Brot und Pan Dulce sorgen und etwa nochmal so viele Jungs mit Lastfahrrädern vor der Tür auf ihre Lieferung warten.

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Panaderia in Maní

Für den 12. Februar haben wir uns Yokzodnot als Tagesziel vorgenommen, um zwei Tage Pause zu machen und von dort aus Chichén Itzá zu besuchen. Doch es kommt meistens anders… Gerade als wir uns auf dem Marktplatz in Sotuta zur Mittagsrast niederlassen wollen, spricht uns Ricardo aus Merida an. Er hatte uns kurz vorher überholt und ist wahnsinnig neugierig, woher und wohin wir reisen… und möchte uns unbedingt auf seine Ranch einladen. Dort gäbe es einen Schatz, so Ricardo, wir wären begeistert. Nach nur kurzem Überlegen verladen wir unsere Räder auf sein Camioneta und fahren mit ihm zu „Los 7 Cenotes“ . Dort erwartet uns tatsächlich ein wahrer Schatz. Zu allererst bestaunen wir den mehr als 500 Jahre alten Ceiba-Baum, der direkt neben dem Hauptgebäude steht. Danach besuchen wir drei der insgesamt sieben zugänglichen Cenoten. Eine davon ist komplett unterirdisch, mit riesigen Stalaktiten und einer Wassertemperatur von 22 Grad Celsius. Ideal für ein erfrischendes Bad in aufregender Umgebung. Die anderen beiden Cenoten sind offen und über steile Treppen zu erreichen. Am späten Nachmittag gesellt sich der 72jährige, vor Lebensfreude sprühende Merdado zu uns und spielt und singt für uns sowohl spanische Lieder als auch in Maya. Mit ihm verbringen wir den Abend, nachdem Ricardo zurück nach Merida aufgebrochen ist, essen gemeinsam, radebrechen in einem bunten Mix aus Spanisch, Maya, Deutsch und Englisch und Merdado spielt noch zwei selbst geschriebene Liebeslieder.

Von Pisté aus, wo wir uns für drei Nächte im Garten eines alteingesessenen Hotels niederlassen, erkunden wir zu Fuß die Pyramiden von Chichén Itzá, die Quellmündung der Itzás mit ihrer heiligen Cenote, den zur Pyramide gewordenen Sonnenkalender der Maya El Castillo und viele weitere sehr gut erhaltene Gebäude.

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El Castillo, Chichén Itzá

Wir verbringen einen guten Teil der Zeit in der riesigen Anlage damit, den endlosen Strom an Reisegruppen, Tourguides, Individualreisenden, Tierliebhaber*innen, Eltern mit Kindern, Alten und Jungen, Fitten und Gebrechlichen zu beobachten. Ziemlich fusslahm, da für uns eine ungewohnte Art der Fortbewegung, kehren wir am Nachmittag zurück.

Wieder auf dem Rad zu sitzen, fühlt sich am nächsten Tag an wie Urlaub. Entspannt radeln wir auf dem Seitenstreifen die ersten 40km nach Valladolid und genießen im Schatten großer Bäume mit Blick auf die Kirche und das Kloster von San Bernadino unser Mittagessen. Einer kleinen „Stadtrundfahrt“ folgen nur weitere zehn Kilometer bis zur Cenote Suytun. Es gelingt uns ein paar Minuten Zeit fast allein zu erhaschen für ein ausgiebiges Bad, bevor der nächste Reisebus eine Unmenge an lärmenden Touris ausspuckt. Am Abend sind auf dem Gelände nur noch wir, 17 hübsche, jedoch leer stehende Cabañas und der Nachtwächter.

An der Grenze zwischen den Bundesstaaten Yucatán und Quintana Roo geraten wir in heftigen Regen, können den Kontrollpunkt jedoch als Unterstand nutzen. Nach einer halben Stunde ist der Spuk vorbei und es ist nur noch schwül. Was genau hier kontrolliert wird, erschließt sich uns nicht, da das Personal seine Zeit zeitunglesend und fernsehschauend verbringt.

Am 19. Februar erreichen wir planmäßig Cancún und verbringen zwei erholsame Tage im Hostel Orquídeas, wo es jeden Abend Pasta – persönlich zubereitet vom italienischen Besitzer Maurizio – gibt, lernen jede Menge originelle Menschen kennen, erledigen mal wieder große Wäsche (soll heißen, wir bringen unsere Klamotten in eine Wäscherei) und tingeln durch das Zentrum Cancúns.

Von Cancún aus fliegen wir vorerst nach Havanna. Meine Eltern waren der Meinung, zwei Wochen Urlaub auf Kuba mit ihnen zusammen könnten uns gut tun. Wir werden berichten…

Gesamtkilometer: 17.938km
Gesamthöhenmeter: 91.787m

Zur bildlichen Darstellung der Ausführungen bitte hier entlang.

8 Gedanken zu „La Paz – Cancún, Mexiko“

  1. Hallo ihr Lieben,
    das ist eine Freude endlich wieder Eure Berichte lesen zu können.
    War schon eine lange Durststrecke die wir da durchleben mußten. .
    Ihr seid ja weit vorangekommen in der Welt, Respekt.
    Ichfreue mich schon auf die Fotos.
    Nun nähert ihr euch langsam dem einigen Jubiläum.
    Macht erstmal schön Urlaub und erholt Euch.
    Viele liebe Grüße aus der Heimat.
    Kathrin

  2. Hallo ihr Lieben,
    schön, endlich wieder von Euch zu lesen.
    Da habt Ihr ja wahnsinnig viel erlebt in der Zeit, worum wir euch bei vielem, aber nicht bei allem beneiden 🙂
    Wir freuen uns schon auf die Bilder, um Eure Eindrücke noch intensiver teilen zu können.
    Wir wünschen Euch jetzt noch eine schöne Zeit mit Mama und Papa.

    Liebe Grüße und bleibt schön gesund!

    Jens und Anett

    1. Hallo ihr Zwei. Riesengrosse Freude!! Endlich wieder Nachricht von Euch. Wir freuen uns ,dass es Euch gut geht. Sind in Gedanken immer bei Euch. Freuen uns schon auf die Bilder. Sind ziemlich ungeduldig. Vielleicht klappt es auch noch mit skypen. Wir wünschen Euch noch einen schönen „Touri“Urlaub. Viele liebe Grüsse an Burgl und Peter. Es umarmen und drücken Euch die Ellies aus L.-O.

  3. Very glad to have you back and to read your wonderful reports.
    You are both very courageous and meeting you has had
    a big impact on me.
    You Rock! Big Smiles.

  4. Hallo ihr beiden,
    das war ja ein lange Durststrecke. Schön wieder etwas von euch zu lesen. Viele Erinnerungen wurden Wach beim Lesen des Mexico Berichtes.
    Uraub im Urlaub, das ist ja was.
    Dann erhohlt euch mal gut in Kuba. Die Eltern werden sich freuen euch mal wieder zu sehen.
    LG
    Antonio

  5. Hallo ihr beiden Radler,
    schön wieder von euch zu hören und zu sehen. Ich muss gestehen, ich habe schon immer wieder nachgeschaut, ob nicht doch inzwischen eine Nachricht von euch da ist. Umso interessanter ist der lange „Nachholbericht“ von euch. Vielen Dank. Und verstaut den Laptop immer gut, die Entzugserscheinungen sind schlimm. 🙂
    LG
    Christine

  6. Hallo Ihr beiden,
    die Endlosigkeit und Leere hat ein Ende. Was haben wir den Bericht herbei gesehnt, schien es doch unendlich lang gedauert zu haben bis wir uns wieder mit Neuigkeiten,Urlaubsfeeling, Abenteuern und tollen Bildern „sattsehen“ durften.
    Aber das warten hat sich wiedermal gelohnt. In der Zwischenzeit haben wir in Löbtau einen 30. GEBURTSTAG gebührlich gefeiert.
    Das Geschenk kommt in der Rangliste der Extremen gleich nach Eurer Unternehmung – Bungy Jump von 192 m – verrückt oder !?
    Jetzt macht ihr zwei Urlaub und werdet eure Füsse mehr als oft benutzen, ihr werdet anschließend neue Schuhe brauchen und den Hintern neu an den Sattel gewöhnen müssen. Lasst uns auf alle Fälle an ein paar Urlaubsfotos teilhaben. Genießt die kubanische Gelassenheit, die Musik und erholt euch vorallem ausgiebig. Bis zum nächsten Mal grüsst Euch Catl und die Handballmädels

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