Gorni-Altaisk, Russland – Nömrög, Mongolei

Auf und Ab über Berg und Tal

Nach zwei Tagen Pause in Gorni-Altaisk ist es Zeit aufzusatteln und weiterzuziehen. Die Bergwelt des russischen Altai erschließt sich schließlich nicht von allein. Wir folgen dem Lauf des Katun, welcher uns tief in die wunderschöne Bergwelt führt.

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Die Route entlang des Flusses ist Teil des Chuiskij-Trakt, auch bekannt als sibirische Seidenstraße. Bereits seid mehreren tausend Jahren nutzen Handelstreibende diesen Korridor. Wo früher Karawanen mit Stock und Pferd durch die Täler getrieben wurden, rollen heute qualmende LKW über die asphaltierte Piste. Der Chuiskij-Trakt zählt zu einer der schönsten Routen in Russland und führt von Nowosibirsk bis an die mongolischer Grenze, genau da wollen wir hin.

Ein Traum für die Outdoor-begeisterten Russen eben und so wundert es nicht, dass wir täglich von unzähligen, vollbepackten Jeeps überholt werden und die Flussufer von Angelruten gesäumt sind. Je tiefer wir jedoch in den Altai vordringen, desto weniger werden die in Tarnfarben gehüllten Touristen und geben den Blick auf die Natur und die darin lebenden Menschen frei. Diese gehören meist zu den ethnischen Minderheiten der Kasachen oder Altaier und bilden einen religiösen Flickenteppich aus Islam, russischer Orthodoxie, Tengrismus und tibetischem Buddhismus. Ausserhalb der Touristenzentren leben hier noch viele Menschen als Selbstversorger mit kleinen Schafs- und Ziegenherden, welche mit Pferd oder Moped über die Wiesen gejagt werden.

Die Landschaft hat sich seit der Ankunft in Gorni-Altaisk dramatisch geändert. Die steppenartige Landschaft des Vorgebirges ist der Westsibirischen Taiga gewichen. Wie ein dichter Teppich ziehen die Lärchenwälder sanft die Hügel hinauf, bis sie an die Felswände der schneebedeckten Bergriesen prallen. Die Ufer in den Tälern des Katun, Chuya und Siema bieten wildromantische Plätze für unser Zelt und aller paar Kilometer gibt es ein Magazin mit allem Nötigen. Eine wahre Traumroute!

Über fünfhundert Kilometer schrauben wir uns immer höher und gleichzeitig tiefer in den Altai hinein. Die Temperaturen sind spürbar gefallen und die Wälder der sibirischen Taiga weichen langsam der Hochlandsteppe des mongolischen Plateaus. Einen ersten Vorgeschmack geben uns die Kurai- und Chuya Steppe, kurz vor der Grenze zur Mongolei.

Nur ungern verlassen wir die paradiesische Taiga, doch an der mongolischen Grenze endet nun mal der Chuiskij-Trakt und auch die Wälder sind nun endgültig in trockene Steppe übergegangen.

Die Ausreise aus Russland ist, im Gegensatz zur Einreise, zügig abgewickelt und eine irgendwie geartete Registrierung will hier niemand sehen. Darüber hatten wir uns im letzten Blogeintrag ja etwas gesorgt. Entsprechend erleichtert radeln wir durch 20km Niemandsland hinter dem russischen Grenzposten an die mongolische Grenze. Für die Mongolei ist zum Glück kein Visum erforderlich und nach kurzen Formalitäten bekommen wir eine 30 Tage Aufenthaltserlaubnis in den Pass gestempelt. Willkommen in der Mongolei!

Das letzte Etappenziel unseres Ausfluges ist nun die 1700km entfernte Hauptstadt Ulan-Bator. Vorher füllen wir jedoch noch ordentlich unsere Taschen, denn von nun an ist vorausschauende Planung angesagt, denn die Versorgungsmöglichkeiten sind eher, sagen wir mal, weitmaschig.

Doch noch bevor wir überhaupt das kleine Magazin im grenznahen Örtchen Tsangaannuur betreten, werden wir vor unserer vorgesehenen Weiterfahrt nach Ulangom gewarnt. Nach zwei regenreichen Tagen wäre die vor uns liegende Flussüberquerung zur Zeit unmöglich, das Wasser stünde brusthoch im Bochmoron. Also wird kurzerhand die Route mit einem Bogen nach Ölgii umgeplant und obwohl die Strecke länger ist, hat sie auch einen großen Vorteil: Wir müssen die ganze Strecke bis Ulan-Bator nicht in 30 Tagen absolvieren, sondern können in Ölgii unsere 30 Tage Aufenthaltsgenehmigung um max. 30 weitere Tage verlängern. Gesagt, getan, geht es auf asphaltierter Straße Richtung Süden.

Als hätten wir mit der Grenzüberquerung eine andere Klimazone betreten, ist es nun ziemlich kalt und nach der ersten Nacht unter mongolischem Himmel sind unsere Wasserflaschen am Morgen leicht gefroren.

Die Hauptstadt Ölgii der Bajan-Ölgii-Provinz, die hier Aimag heissen, ist überraschend „modern“. Wir hatten eher eine größere Ansammlung von Jurten, hier unter dem Begriff Ger bekannt, erwartet. Doch weit gefehlt, es gibt ein großen Platz, mehrstöckige Gebäude, Hotels unterschiedlicher Standards und für uns am Abend sogar zwei riesige Pizzen. Die Verlängerung unseres Aufenthalts ist ebenfalls problemlos möglich und nach eineinhalb Stunden erledigt, wenn wir die endgültige Entscheidung auch erst in den kommenden Tagen per E-Mail erhalten werden. Wir verlassen Ölgii in Richtung Osten und kurz nach der Stadtgrenze beginnen die gefürchteten Sand- und Rüttelpisten. Hier haben wir die Wahl zwischen tiefem Sand, übelster Waschbrettpiste oder – wenn gar nichts mehr geht – einfach neben der „Straße“. Die endlosen weiten Ausblicke in die formen- und farbenreiche Landschaft entschädigt dafür. Der Aimag Bajan-Ölgii ist von mehreren Gebirgsketten umringt und dadurch sehr abwechslungsreich. Auch der längste Fluss der Mongolei, der Khovd, entspringt hier und wir folgen dem Fluss einige Kilometer in seinem Lauf. Wie ein blau-grünes Band zerschneidet der Flusslauf die sonst trockene Steppe und sogar Camping auf grüner Wiese ist uns hier vergönnt.

Durchgerüttelt und eingestaubt erreichen wir nach knapp 300 Kilometern Naranbulag, einen kleinen Ort am Ulangom-Tsetserleg Highway. Völlig überrascht und misstrauisch fahren wir plötzlich auf einer Asphaltstraße und nach einigen Kilometern ist es Gewissheit: für die nächsten 600 Kilometer geht es auf feinster asphaltierter Straße chinesischer Bauart weiter. Wir hatten mit unbefestigter Piste bis kurz vor Ulan-Bator gerechnet und sind fast ein wenig enttäuscht über diese plötzliche Wendung. In Naranbulag sind wir auch schon in der nächsten Provinz, Uvs, angekommen. Die Bergketten entschwinden hier langsam unseren Blicken und machen flacher Halbwüste Platz. Die Provinz liegt in der sogenannten Große-Seen-Senke. Hier sind die großen Salz- und Süßwasserseen der Mongolei zu finden, wie der Rest des Landes sehr dünn besiedelt. Nicht selten liegen zwischen zwei Orten mehrere hundert Kilometer, dazwischen nichts als endlose Weite mit kleinen weißen Pünktchen, die Ger der Nomaden. Zu unserem Glück gibt es in den Ortschaften und gelegentlich dazwischen Raststätten mit Verpflegung, Wasser und Betten. In einem dieser Roadhouses im Örtchen Nömrög, bereits im Aimag Zavchan, gönnen wir uns nach siebzehn Radtagen eine Pause, auch um diese Zeilen in die Welt zu senden.

Wie es uns auf den letzten Metern nach Ulan-Bator ergeht, wird euch in gewohnter Qualität demnächst von unser lieben Ina berichtet.

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Viele Grüße aus Nömrög sendet Euch

Mirko

Gesamtstrecke: 7.168km

6 Gedanken zu „Gorni-Altaisk, Russland – Nömrög, Mongolei“

  1. Liebe Kinder,
    taufrisch den von dir, lieber Mirko, ins Netz gestellten Bericht haben wir neugierig und voller Erwartung gelesen.
    Die Bilder sprechen für sich, obwohl sich die Realität sicherlich noch als viel schöner erweist!
    Ina auf dem Pferd, hätten nicht den Mut gehabt. Naja, wir sind auch älter und die Gelenkigkeit der Mutter läßt zu wünschen übrig.
    Kommt bitte weiter gut voran, lasst es euch gut gehen.
    Wir freuen uns auf’s nächste Skypen , aber noch mehr auf euer nach Hause kommen.

    Ganz dicke Drücker von den Ellis aus Silberstrasse

  2. Danke für den neuen Bericht mit den wunderschönen Fotos. Eine traumhafte Landschaft. Für die letzten Kilometer alles Gute für euch wünschen Christine und Walter.

  3. Hallo ihr Lieben,auch wir haben uns mit großer Freude und Interesse in den neuesten Bericht vertieft. Tolle Fotos!! Wiedereinmal haben wir Einblicke in fremder Länder bekommen.Vielen dank dafür. Langsam nähert sich nun eure Radtour dem Ende entgegen. Wir freuen uns jetzt schon aufs Wiedersehen. Aber noch habt ihr ja ein “paar“ Kilometer vor euch. Wir wünschen euch dafür gute,unfallfreie Fahrt und schönes Wetter. Liebe grüße von den Ellies aus L.-O.

  4. meine f*,
    schön! danke für den tollen bericht, allerdings gibts den Bochmoron (bei google maps) garnicht … wahrscheinlich sowas wie bielefeld 😉 ansonsten gut zu wissen, dass es euch gut geht, eigentlich ja zu gut … ich würde nochmal 300km in die wildnis abbiegen nach links, oder rechts, hauptsache weg von der chinesischen straße! wir waren auch nicht untätig, ich war mit der männlichen hälfte der braunsdorf-fraktion auf dem rad unterwegs und wir sind bis auf die augustusburg hoch!!!! und die mädels waren derweil auf dem mit sinnen das tanzbein schwingen. außerdem ist ein euch bekanntes pärchen nun nach böhlen umgezogen und wir haben kisten und schränke geschleppt … müsst ihr euch angucken wenn ihr wieder da seid, ist schön geworden und pizza gabs dort als belohnung fürs tragen auch .. vielleicht im selben moment? na wie auch immer, vg senden & alles gute euch beiden weiterhin wünschen die IIII vögel aus der umkehr

    1. Lieber Mr.* Bird, vielen Dank für deine umfangreiche Rückmeldung. Für dich als unseren aufmerksamsten und wissbegierigsten Leser* haben wir exklusiv ein Bochmoron-Rätsel kreiert: Nimm die 35 Buchstaben des mongolischen Alphabets, begib dich auf die Suche nach kyrillischen Ähnlichkeiten zu den lateinischen Schriftzeichen, lasse dir Bochmoron immer wieder in unterschiedlichen Klangfärbungen und gegebenenfalls unter Anwendung von Rachenlauten auf der Zunge zergehen und siehe, du wirst den Fluss im mongolischen Altai finden. Andernfalls haut bei google maps was nicht hin!:D)))
      Auf die Augustusburg hoch!!! Ihr seid verrückt!;D)
      Viele Grüße aus Tsetserleg (aka Cécerleg oder Цэцэрлэг) an alle Nestinsass*innen der Umkehr… Tschirio

  5. danke banina, hab mich an deine programm-vorgabe gehalten, wobei das mit den rachenlauten am schwersten war, und hab nun die lösung, auf deutsch heißt das wohl „Balton“ und der ist in ungarn, hätte nicht gedacht, dass ihr soweit nach westen kommt auf dem weg nach ulan bator 😉 vg, weiterhin alles gute, viel spass noch & nicht weinen auf der zielgeraden!

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