Im Land der Achttausender
„Es gibt keinen Weg zum Glück, Glück ist der Weg.“ Gautama Buddha
Und weil unsere bisherigen Wege uns durchaus glücklich gemacht haben, brechen wir in Siliguri auf, um für die kommenden Wochen auf nepalesischen Pfaden zu wandeln. Am 21. Februar 2018 reisen wir aus Siliguri ab und befinden uns etwa 30km westlich bereits am Grenzübergang Panitanki – Kakarbhitta. Die Grenzformalitäten auf beiden Seiten nehmen etwas länger in Anspruch, da sowohl am indischen als auch am nepalesischen Grenzposten alle Vorgänge handschriftlich erfasst werden. Um 40USD pro Person für das 30tägige Visa on Arrival erleichtert, radeln wir erwartungsvoll auf den Mahendra Highway.
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Nepal verfügt über ein knapp 14.000km umfassendes Straßennetz, nur ein Bruchtal davon ist asphaltiert. Deshalb entscheiden wir uns, für die ersten Tage dem Mahendra Highway durch das Terai nach Westen zu folgen und so schnell voran zu kommen. Die südlich des Himalaja gelegene Tiefebene erfreut sich aufgrund ihrer landwirtschaftlich nutzbaren Bodenstruktur großer Beliebtheit und ist entsprechend dicht bevölkert (knapp die Hälfte aller Nepales*innen leben hier). So bemerken wir auf den ersten Blick gar keinen Unterschied zwischen Indien und Nepal, da wir auch sprachlich mit unseren bereits in Sikkim nützlichen Nepali-Brocken ganz gut zurecht kommen (und ein Großteil der Einheimischen auch Englisch spricht ;-)). Doch ganz allmählich werden erste Gegensätze deutlich: der Verkehr ist außer in den größeren Ortschaften weniger dick; Horn, Sirene, Hupe, Tröte kommen nur zum Einsatz, wenn es tatsächlich notwendig scheint; Frauen sind im öffentlichen Bild sichtbarer – beim Einkauf, als Händlerinnen, bei der Arbeit auf dem Feld, sogar am Steuer von Verkehrsmitteln (in Indien war all das eher eine äußerst seltene und somit bemerkenswerte Ausnahme); es gibt Wald und auch immer wieder Streckenabschnitte, die durch Natur, mindestens jedoch durch Felder führen. Letzteres bietet für uns endlich mal wieder die Möglichkeit, unsere Campingausrüstung voll zum Einsatz zu bringen. Ein großer Grund zur Freude!!!
Nepal bietet Busch-Camping vom Feinsten – „Tiefe Wasser sind still und unbewegt. Der seichte Bergbach jedoch, der rauscht, wild und aufgeregt.“Sosei
Bei einer der Camping-Gelegenheiten lernen wir Pippi kennen, seines Zeichens Direktor einer Privatschule in der Nähe von Devdhar und gleichzeitig ehrenamtlicher Vorsteher seines Dorfes. Er erlaubt uns nicht nur, auf seinem Feld zu campen, sondern lädt uns auch ein in seinem Haus zu übernachten. Bei einem morgendlichen Spaziergang über seine Felder erfahren wir jede Menge über die Kultur Nepals, u.a. auch, dass Gastfreundschaft eine hoch angesehene Tugend ist: Ein Gast sei wie eine Gottheit zu behandeln. Wie schon häufiger in der Vergangenheit fragen wir uns bei dieser Gelegenheit, wie Ihr wohl reagieren würdet, wenn bei Euch am Gartenzaun zwei verstaubte, verschwitzte, offensichtlich aus der Fremde stammende Radfahrende auftauchen und um Asyl bitten würden. Wäre ein Plätzchen im Garten frei oder gar das Gästezimmer?
Nach fünf Tagen im heißen, trockenen Klima des Terai verabschieden wir uns in Bardibas vom Mahendra Highway und biegen nach Norden in die Berge ab. Drei Tage lang arbeiten wir uns durch das Siwalik-Vorgebirge über diverse kurze und zwei lange Anstiege hinauf ins Kathmandu-Tal, das von der Mahabharat-Kette umschlossen wird. Doch „Keine Straße ist zu lang mit einem Freund an der Seite.“ sagt Konfuzius. Und so genießen wir die Langsamkeit des Aufsteigens mit guter Musik, den erfrischenden Wind der Abfahrten und unsere gegenseitige Gesellschaft. 🙂 Unterwegs haben wir außerdem Gelegenheit, entlang des Flusses Sun Kosi ganz ausgiebig Himalayageier bei ihrem Beuteflug zu beobachten, die gleich im Dutzend über uns kreisen.
Himalayageier auf Beuteflug
Als erster Zielpunkt lockt eine der drei Königsstädte des Kathmandu-Tals, Bhaktapur (Nepali für „Stadt der Frommen“), seit 1979 UNESCO-Weltkulturerbe. – „Begib dich einmal im Jahr an einen Ort, an dem du noch nie gewesen bist.“ empfiehlt der Dalai Lama. Die beim schweren Erdbeben im April 2015 mit einer Stärke von 7,8 verursachten Schäden sind heute noch an vielen Stellen Bhaktapurs sichtbar und überall wird fleißig mit vielen Händen gebaut. In einem Stadtrundgang erkunden wir – bei insgesamt mehr als 170 Tempeln – nur einen Bruchteil der Sehenswürdigkeiten in der autofreien Innenstadt. In Erinnerung wird mir vor allem der Nyatapola-Tempel bleiben. Zum einen wegen seiner eindrucksvollen Höhe von 30 Metern, verteilt auf fünf Stockwerke. Zum anderen weil mir beim Blick über den Taumadhi-Platz und die Berge im Süden eine Taube die Ehre erweist, mich einmal vom Scheitel bis zur Sohle voll zu sch… Einheimische Tourist*innen versichern mir, das bringe Glück! … Na ja, wie Glück fühlen sich die Kleckse im Haar, an Jacke wie Hose nicht an. Doch warten wir ab!
Am 01. März 2018 findet pünktlich am ersten Vollmondtag des Monats Phalgun das Fest der Farben, Holi, statt. Die sakrale Bedeutung des Festes geht auf einen Mythos über die Vernichtung der Dämonin Holika zurück. Das müssen wir uns selbstverständlich anschauen, wenn auch mit Sicherheitsabstand. Vor allem junge Menschen bestreuen und bewerfen sich gegenseitig mit gefärbtem Wasser oder gefärbtem Puder, dabei wird musiziert und ausgelassen getanzt.
Lebendige Tradition: Holi-Fest in Bhaktapur
Weder Bhaktapur noch Kathmandu, unsere nächste Station, haben uns bisher einen Blick auf die Achttausender im Land der Achttausender geboten. Die Verstaubung der Luft durch die mehrmonatige Trockenzeit ist einfach zu hoch, von der Luftverschmutzung durch den Straßenverkehr einmal abgesehen. Was also tun? Schon Mohammed sagte ja „Wenn der Berg nicht zum Propheten kommt, muss der Prophet zum Berge kommen.“. So verbringen wir unseren ersten Aufenthalt in Nepals Hauptstadt mit einem intensiven Entscheidungsprozess, welche Berge wir uns denn nun aus der Nähe anschauen wollen, und anschließend mit einem intensiven Einkaufsprozess. Eine Wanderausrüstung bestehend aus Schuhen, Gamaschen, Trekkingstöcken, Socken, Mütze, Handschuhe, Kartenmaterial und Erste-Hilfe-Set zu beschaffen, braucht mindestens einen Tag. Selbst für mich war das wohl der längste „Einkaufsbummel“ meines Lebens! Daneben ist unser Visum zu verlängern, Informationen sind einzuholen, Bustickets zu besorgen, Snacks & Süßes zu organisieren.
„Das was du heute denkst, wirst du morgen sein.“ sagt eine Weisheit aus dem Zen-Buddhismus. Wir brechen daher morgen auf zum Everest Three Passes Trek, der uns für die kommenden drei bis vier Wochen auf Trab halten wird. Anschließend werden wir Euch hier exklusiv über unsere Erlebnisse in der Khumbu-Region berichten. Wir sind auf jeden Fall gespannt wie ein Flitzebogen!
Bleibt also dran, bleibt gesund und habt Euch lieb!
Eure Ina
Gesamtkilometer: 51.620km
Das Wandern ist des Müllers Lust…Na wie auch immer, Viel Spass auf Schusters Rappen und passt auch unterwegs zu Fuß weiterhin gut auf euch auf und macht keinen Blösinn, den ich nicht auch machen würde! Was macht ihr mit den Rädern? Habt ihr aufgeatmet, als ihr Indien den Rücken kehren konntet? So oder so aber nun Viel Spass bei der neuen Herausforderung und nehmt euren Müll wieder mit heim, das machen dort nicht alle wie man lesen muss ….. VG aus dem Land, das nun wieder eine Regierung hat, naja zumindest fast, und Polizisten die Angst vor Polizeigewalt haben (siehe Link)….der Officer
Fantastisch, die Landung in Lukla soll ganz spannend sein:-)
Ich wünsche eine tolle Wanderung und gutes Wetter. Die Natur ist dort gewaltig und sehr beeindruckend. Geniesst es und wie immer gute Reise.
Antonio
Landung in Lukla? Fehlanzeige! … Umweltschonend haben wir uns an sieben zusätzlichen Tagen von/nach Salleri stramme Wanderwaden an- und wieder abtrainiert. 🙂 Heute, zurück in Kathmandu, war eine Dusche notwendig, die sich gewaschen hat!!!