Die letzten Tage auf dem südamerikanischen Kontinent sind außer den Reisevorbereitungen (Radkartons besorgen, Räder und Taschen intensiv reinigen, Räder verpacken) geprägt vom nervenaufreibenden Warten auf die Genehmigung unserer Visa-Anträge.
„Wer an der Küste bleibt, kann keine neuen Ozeane entdecken.“
Fernando de Magalhaes
Der sonst so verlässliche Westwind, der uns das Leben bei der Anreise nach Calafate noch schwer gemacht hatte, lässt uns in umgekehrter Richtung völlig im Stich und wir müssen ausschließlich mit Muskelkraft die Weiterreise Richtung Chile antreten. Entlang des Lago Argentino geht es Richtung Westen, wo schon die Einsamkeit der Ruta 40 gen Süden auf uns wartet. Kennen wir ja alles schon und trotz der öden Strecke ist es schön den Touristenmassen Calafates zu entfliehen.
WUSCH erwischt uns ein fetter Regenguss – schnell hinein in die Regenklamotten. Nach zehn Minuten schließen sich die fulminanten Schleusen und der Niederschlag geht in feinen Niesel über. Weitere fünfzehn Minuten später lugt die Sonne hervor und bringt uns in unseren Regensachen ordentlich ins Schwitzen. Also ist Entkleiden angesagt. Als wir Coyhaique verlassen, begleitet uns Wasser von oben… in allen Abstufungen.
Wie neuerdings üblich ist es spät, als wir unsere Packesel packen und uns in die blaugrüne Seenplatte Chiles stürzen. Bei feinstem Kaiserwetter und radschonendem Asphalt genießen wir die Tour Richtung Villarica. Zunehmend treffen wir immer mehr Radreisende auf unseren Wegen, wie zum Beispiel den Chilenen Pablo, der uns ein Stück weit bis zu einem kleinen und ausnahmsweise sehr günstigem, noch dazu idyllisch gelegenen Campingplatz begleitet, wo sich unsere Wege auch schon wieder trennen. Die meisten Radler,die wir treffen sind allerdings „Ferienradler“, die auf der Seenplatte ihren Jahresurlaub verbringen. Wir ahnen zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass dies erst der Anfang der endlosen Touristenkolonnen sind, die uns noch begegnen werden.
Kartoffel- und Nudelsalat mit Buletten, Kartoffelpuffer mit Apfelmus (deutsch-US-amerikanische Kooperation); Steaks und Würstchen vom Grill zu Kartoffelstampf, Schmorgemüse, Apple Crumble mit Vanillesoße (britisch-irische Kombination); Rindergulasch mit Semmelknödel und Rotkohl, Mousse au Chocolat (nord-ostdeutsche Kombination) – so sah unser überaus üppiges Weihnachtsmenü in Mendoza aus.
… und ihrer „Mitreisenden“. Unsere bisher erworbenen Spanisch-Kenntnisse, deren Voranschreiten und der tägliche Gebrauch im Umgang mit der einheimischen Bevölkerung waren in den vergangenen Monaten häufig Anlass für Rückfragen Eurerseits.
Heiß brennt die Sonne auf meiner Haut als ich versuche das schwere Rad durch den Sand zu bugsieren. Kein kühlender Wind, der die Nächte so beißend kalt und die Tage erträglich werden lässt, ist zu spüren.
Von überraschenden Wetterumschwüngen, historischen Pfaden und neuen ErFAHRungen
Gut drei Wochen sind seit unserem letzten Bericht vergangen… ausreichend Zeit für interessante Begegnungen, unerwartete Ereignisse, körperliche Ertüchtigung, motorisierte Mobilität und hochgelegene Juwele. Doch lest selbst!
„Pachamaman Pachakaman wawapautanwa“(Quechua) – Wir sind alle Söhne und Töchter von Mutter Erde und Vater Kosmos.
Nach unserem Besuch des Catarata de Gocta geht es gleich weiter mit den Sehenswürdigkeiten des Utcubamba-Tals. Nur eine Tagesreise entfernt liegt auf einer Anhöhe der Ort Nuevo Tingo. Das „neue“ Tingo wurde auf die Anhöhe verlegt, nachdem der ursprüngliche Ort 1994 durch eine Schlammlawine zerstört wurde. Die Pläne des neuen Ortes fliegen hoch. Für umgerechnet 21 Millionen Dollar wird eine Seilbahn zur Festung Kuélap errichtet und damit ein Anstieg der Besucherzahlen erwartet.
„Die Welt ist gräßlich … und wunderschön.“ (Gisbert zu Knyphausen – Es ist still auf dem Rastplatz)
Musik gehört in Lateinamerika scheinbar zum Leben wie das Salz in die Suppe. Ob der ältere Herr an der Ampelkreuzung einen Pasillo eingelegt hat, der Überlandbus laut Cumbia röhrend an uns vorbei schießt, Geschäftsinhaber*innen ihre Kundschaft mit den neuesten Charts quälen oder die ecuadorianische Hausfrau bei Latin Rock den Putzlappen schwingt – Musik begegnet uns hier an allen Ecken und Enden. Deshalb widme ich diese Zeilen auch der musikalischen Untermalung unseres Nomadenlebens.