Im Schmelztiegel …
…befinden wir uns in Istanbul gleich in doppelter Hinsicht. Einerseits bietet die Millionenstadt eine eindrucksvolle Vielfalt an Kultur, Religion und Geschichte, 24 Stunden am Tag. Zum Anderen haben wir tagtäglich das Gefühl, bei mindestens 30 Grad Celsius Tagestemperatur, nachts nur wenig darunter, davon zu schmelzen. Doch trotz der Hitze fasziniert uns Istanbul und wir widmen der Metropole eine ganze Woche unserer Zeit. Das ist uns auch eine Sonderausgabe für Euch, unsere lieben Mitreisenden, wert. Viel Spaß also beim Spaziergang mit uns!
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Die Menschen im Schmelztiegel …
… sind ausgesprochen freundlich und hilfsbereit, was angesichts von offiziell 15 Millionen Einwohnern und jährlich etwa ebenso vielen Besucher*innen in unseren Augen ein außergewöhnlicher Umstand ist. Gerade einmal fünf Sekunden stehen wir suchenden Blickes am Ausgang einer Metro-Station, da werden wir auch schon angesprochen, ob wir Hilfe bräuchten. Mit Geduld erklärt uns ein anderes Mal ein Einheimischer, welcher Teil der Theodosianischen Mauern die schönsten seien und wie wir am besten dorthin gelangen könnten. Das schöne Licht der Nachmittagssonne nutzend schießt Mirko ein Foto an einer Straßenecke und wird prompt vom Angestellten des ansässigen Hotels eingeladen, doch mit dem Lift hinauf zur Dachterrasse zu fahren und von dort ein Bild mit Aussicht zu machen.
Kleidungstechnisch ist in Istanbul , übersetzt „in die Stadt“, alles vertreten: vom wohlbekannten schwarzen Tschador bis hin zum freizügigen bauchfreien Top bei den Damen, T-Shirt und Shorts bei den touristischen und Hemd mit Hose oder gar Anzug bei den einheimischen Herren. Großstadt eben – von allem etwas.
Und auch sprachlich ist zu erkennen, dass die Menschen hier eine bunte Mischung aus aller Herren* Länder sind: russisch klingt uns neben arabisch und englisch ebenso im Ohr wie hin und wieder ein deutscher Zungenschlag.
Eine besondere „Gattung“ sind die Verkäufer* im Großen Bazar, die in ihrer Ansprache durchaus sehr originell vorgehen. Der Typ Hellseher ist sich sicher „Ich habe genau das, was Du suchst!“, sein Kollege* fragt eher keck „Gibst Du gern Geld aus?“ und ein Dritter* formuliert übermütig „Lass mich Dir etwas verkaufen, das Du nicht brauchst, bevor Du gehst!“. Ich finde das äußerst amüsant, vor allem in dem Wissen, hier so oder so kein Geld auszugeben, da das maximale Transportvolumen meiner Gepäcktaschen bereits erreicht ist. 😀
Unterwegs im Schmelztiegel …
… sind wir mit fast allem, was die Stadt im Angebot hat. Nachdem unsere Anreise über das Marmara-Meer aus dem Süden schon mit einer Autofähre erfolgte, nutzen wir die Personenfähren, die hier scheinbar wie wild auf dem Wasser kreuzen. Dabei genießen wir den weiten Blick, der sich so über die verschiedenen Stadtteile und Sehenswürdigkeiten bietet und reisen zum Beispiel über den Bosporus noch einmal zurück auf die asiatische Seite der Stadt.
Darüber hinaus stehen uns für unsere Touren zwischen den Stadtteilen Beyoglu, Eminönü, Sultanahmet, Çukurcuma, Fatih, Besiktas, Kabatas und Kadiköy Straßenbahn, Standseilbahn, Metro und Bus zur Verfügung, die wir – neben vielen Kilometern zu Fuß – verwenden. Nur die Räder bleiben für unsere Erkundungen stehen, denn Istanbul ist mit seinen „sieben Hügeln“, engen Gassen und mit Autos verstopften Straßen wahrlich kein Radfahrvergnügen. Für all diese „Fahrgeschäfte“ kommt die Istanbul Kart zum Einsatz – eine Karte für alles, an jeder Haltestelle aufladbar und für ca.0,50€ pro Fahrt. Eine feine Sache!
Die Sehenswürdigkeiten im Schmelztiegel …
… sind so zahlreich, dass es wohl mehrere Wochen brauchen würde, alle zu besichtigen. Und so beschränken wir uns auf einige, die ich Euch in Kürze vorstellen möchte:
* Galata-Brücke – Bei unserer Ankunft in Istanbul radeln wir über diese das Goldene Horn überspannende Stahlbrücke – oben tobt der Verkehr, unten tummeln sich die Menschen in zahlreichen Restaurants – nur um auf der anderen Seite die Räder über steile, kopfsteingepflasterte Gassen zum Galata-Turm hinauf zu schieben, einst zur Verteidigung der Unabhängigkeit der genuesischen Kolonie Galata genutzt und heute eine der Hauptattraktionen Istanbuls.
* Hagia Sophia – Die Kirche der Heiligen Weisheit, 537 von Kaiser Justinian erbaut, nach der Eroberung durch die Osmanen im Jahr 1453 in eine Moschee umgewandelt und seit 1935 als Museum genutzt, ist eine Sehenswürdigkeit der ganz besonderen Art und nur zu beschreiben mit BEEINDRUCKEND. Wir verbringen knapp zwei Stunden innerhalb ihrer Mauern, um (fast) jeden Winkel und jedes Mosaiksteinchen zu bewundern.
* Dolmabahçe Palast – Das Regierungszentrum des späten Osmanischen Reiches bis zur Gründung der Türkischen Republik wird heute ebenfalls als Museum genutzt. Da wir erst am späten Nachmittag vor den Pforten des Palastes ankommen, sehen wir uns mit bereits geschlossenen Türen konfrontiert. Bei einer unserer Fährfahrten können wir die Größe des Palastes mit seinen 285 Räumen jedoch vom Wasser her bestaunen.
* Theodosianische Mauer – Die etwa 20 Kilometer lange, Anfang des 5. Jahrhunderts unter Kaiser Theodosius II. erbaute Befestigungsanlage reicht im Westen der Stadt vom Goldenen Horn im Norden zum Marmara-Meer im Süden und sollte dem Schutz von Konstantinopel dienen. Wir erkunden etwa drei Kilometer der Landmauern bis uns die Füße glühen.
* Blaue Moschee – Die im 17. Jahrhundert erbaute Moschee, die ihren Namen dem Blau der mehr als 20.000 im Inneren verwendeten Fliesen verdankt und – außergewöhnlich – über sechs statt vier Minarette verfügt, ist ein Besuchsmagnet sowohl für Gläubige als auch für Tourist*innen.
* Deutscher Brunnen – Dieser von Kaiser Friedrich Wilhelm II. 1901 an Istanbul gestiftete Brunnen befindet sich gemeinsam mit dem aus Mesopotamien stammenden Obelisken, der ursprünglich in Delphi stehenden Schlangensäule und der zu Zeiten Kaiser Konstantin VII. errichteten Gemauerten Säule im Zentrum des einstigen Hippodrom, dessen Südseite heute noch in Resten erhalten ist.
* Kleine Hagia Sophia – Das auch als Sergios- und Bacchus-Kirche bekannte Bauwerk diente der Hagia Sophia als Vorbild, wird heute als Moschee genutzt, entbehrt im Gegensatz zu ihrer „großen Schwester“ des geschäftigen Tourismustrubels und lädt mit ihrem schattigen Garten zum Verweilen ein.
* Museum der Unschuld – Beim Museumsbesuch meinerseits muss ich mir mehrfach in Erinnerung rufen, was hier Fiktion und was Wirklichkeit ist, so verwoben sind die Geschichte des Museums und des gleichnamigen Romans von Literaturnobelpreisträger Orhan Pamuk miteinander. Noch im Museum mit all seinen liebevollen und teils winzig kleinen Details beginne ich, die ersten fünf Kapitel des Buches zu verschlingen.
Kulinarisches im Schmelztiegel…
…und anderen Garformen, das wir auf unserer Entdeckungsreise durch Istanbul verköstigen sind Lahmacun – oftmals auch als türkische Pizza bezeichnet, handelt es sich um ein dünnes Fladenbrot, das vor dem Backen mit einem würzigen Ragout aus Hackfleisch, Zwiebeln und Tomaten bestrichen wird; Pide – ein weiches Fladenbrot aus Hefeteig, das mit den unterschiedlichsten Zutaten wie Kartoffeln, Spinat, Ei, Käse oder Salami gefüllt werden kann; Pilav – langkörniger, lockerer Reis, mit Zwiebeln, Brühe sowie Fleisch, Fisch oder Gemüse zubereitet; Çig Köfte – die im türkischen Straßenverkauf per Gesetz vegetarische Version von Çig Köfte besteht aus feinem Bulgur, Tomatenmark, gemahlenen Chilischoten und anderen Gewürzen, deren Mischung auf dünnes Fladenbrot verteilt und zusammen mit Salat in dieses eingewickelt wird; Midye Dolma – mit gewürztem Reis gefüllte Miesmuscheln; Ayran – ein erfrischendes Joghurtgetränk; Simit – ein Gebäckring aus Hefeteig mit Sesam-Körnern auf der Kruste, ein idealer Snack für zwischendurch (verlinkt findet Ihr jeweils die Rezepte).
Kulturelles
* Taksim-Platz – Direkt vor unserer Haustür (für Istanbuler Verhältnisse) befindet sich der geschichtsträchtige Taksim-Platz mit dem Denkmal der Republik. Aktuell wird anlässlich des „Tages der Demokratie“, der auf den Putschversuch am 15. und 16. Juli 2016 zurückgeht, eine Fotoausstellung gezeigt.
* Yildiz Park – In einem der größten Parks Istanbuls schließen wir uns einer der großen „Traditionen“ der orientalischen Kultur an und veranstalten ein Picknick. Zwei Tage später wiederholen wir das Ganze im Taksim Gezi Park,weil es so schön ist. Das wird wohl eines der Dinge sein, die wir uns als Erfahrung von dieser Reise mitnehmen wollen: Einfach mal eine Mahlzeit in die Tasche packen und in einer Grünanlage auf der Picknickdecke bei Vogelgezwitscher und Brunnengeplätscher zelebrieren.
* Großer Bazar – Kapali Çarsi, ein überdachtes Geschäftsviertel und eine wahre Institution in der Altstadt Istanbuls. Das Souvenirangebot der dicht aneinander gereihten Lädchen reicht vom handtellergroßen Kühlschrankmagnet bis hin zum 20qm großen Teppich. Dazwischen tummeln sich Lederjacken, Pelze, Lampen, Schmuck, Uhren, Schuhe, Kleider, Gemälde, Porzellan. Täglich außer Sonntags schieben sich hier und in den angrenzenden Gassen die Menschen durch die Gänge. Beeindruckend für uns ist hier außerdem der Blick nach oben an das scheinbar uralte, bunt bemalte Deckengewölbe.
* Gewürzbasar – Ähnlich bunt geht es auf dem auch als Ägyptischer Bazar bekannten Misir Çarsisi zu. Visuelle Eindrücke paaren sich mit diversen Duftangeboten für die Nase. Im 17. Jahrhundert erbaut, war der Basar in seiner Blütezeit die letzte Station der über die Seidenstraßen von Osten kommenden Kamelkarawanen. Neben Gewürzen werden hier auch Tee , z.B. Liebestee, und Süßigkeiten angeboten, von denen wir die eine oder andere verkosten. 😀
* Fußball-WM-Finale 2018 – Den Abend des 15. Juli 2018 verbringen wir auf der asiatischen Seite Istanbuls. Zufällig treffen wir bei der Suche nach einem Restaurant mit Fußballübertragung zwei pensionierte Piloten der Turkish Airlines. So verbringen wir den Abend in angenehmer Gesellschaft.und fiebern gemeinsam mit scheinbar ALLEN anderen Anwesenden für einen Sieg Kroatiens – leider erfolglos.
Zwischen all diesen Ereignissen und Eindrücken genehmigen wir uns selbstverständlich auch ein bisschen Ruhe. Im behaglichen New House Hotel haben wir einen wohltuenden Ort dafür gefunden, wo sich auch die letzte große Etappe durch Europa planen lässt. Ihr dürft Euch überraschen lassen, wohin der Rückenwind uns weht. 😀
Also bleibt uns treu und habt Euch lieb!
Eure Radtomaten Mirko & Ina
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Hallo ihr Beiden, es ist wieder mal Zeit danke zu sagen. Zwei tolle Berichte gab es zu lesen und was für beeindruckende Bilder zu sehen. Wir haben nicht gewusst,das Kappadokien so ein wunderbares Fleckchen Erde ist. Nun freuen wir uns ,das ihr wieder auf europäischen Boden seid. Auf unserer Weltkarte sind es nur noch ein paar Zentimeter bis Deutschland. Wir wünschen euch ein gutes Weiterradeln. Weiterhin viele nette und interessante Begegnungen. Machts gut und bis bald mal wieder via Skype. Wir sind gespannt wo eure Räder mit euch entlang fahren. Wir umarmen und drücken euch . Liebe Grüsse von den Ellies aus L.-O.
Hallo Ihr Zwei,
Willkommen in Europa… es freut mich das ihr der Heimat näher kommt.
Ich bin immer wieder von euren tollen Berichten begeistert. Dann lässt den Rückenwind mal kräftig wehen…bin gespannt wo es entlang geht.
Fühlt euch gedrückt
Die Schulzi
Hallo ihr Zwei Radtomaten,
verrückt wie die Zeit vergeht … 🙂
Die Neugier zwickt wirklich sehr wo euch eure letzten Radmeter entlang führen. Vielleicht trefft ihr ja den Ein oder Anderen von uns beim Sommerurlaub 😉 …jetzt wo ihr wieder zum greifen nah seid :-).
Liebste Grüße und noch eine wunderbare Reise,
von Jacky:-)
Ein schöner Gedanke, meine liebe Jacky! 🙂 Wohin führt denn Euer Sommerurlaub? … Bis balde also
na moin ihr beiden,
schön, dass es euch weiterhin gut geht und das euch die metropole so gut gefällt.
wenn ihr noch was einkaufen wollt könnt ihr uns gern was schicken mit der post für wieder platz in den taschen, sofern es nichts essbares ist wird es die zeit bis zu eurer ankunft hier auch gut überstehen denke ich. wahrscheinlich kommt es auch durch den zoll, nicht wie das trump-merchandise made in china 😉
https://www.businessinsider.de/trump-flags-hats-made-in-china-held-at-customs-trade-war-2018-7?r=US&IR=T
so oder so,
viel spass & eine gute zeit weiterhin,
der officer samt sippe
ach, und solltet ihr mich mal suchen, vielleicht bin ich in meinem wochenend-häusschen … (siehe namens-link)
Hallo Ihr Zwei Radler,
ich grüße euch aus dem „Schmelztiegel“ Chemnitz und Umgebung ( eigentlich ganz Sachsen) denn hier begleiten uns nun schon seit Wochen, bis auf ein, zwei Tage Gewitter bzw. Abkühlung, hochsommerliche Temperaturen bis zu 3o °C! Ihr müsst euch nicht lang in der Türkei aufhalten, auch wenn’s mit dem Radl viel zu sehen gibt, die Hitze ist hier auch zu haben 😉
Istanbul aus eurer Sicht bzw. Bildern zu sehen war gigantisch. Dokus zeigen irgendwie immer das gleiche, aber ihr habt andere Gassen und Dinge gesehen und uns teilhaben lassen. Toll!!!
Ich freue mich schon auf Fotos aus unserer unmittelbaren Nähe !
Also tretet in die Pedale, bleibt gesund und geniesst den Rest der Strecke mit vollen Zügen.
LG Catl
Hallo Ihr beiden Cosmopoliten,
wieder einmal Danke für den schönen Reisebericht. Ich fühlte mich an meinen Ausflug in die Türkei erinnert und konnte, dank Eurer Geschichten, noch einmal in Gedanken dorthin reisen.
Es scheint, dass Euer Ausflug sich langsam dem Ende neigt, daher wünsche ich euch auf den letzen Etappen noch einmal besonders viele, tolle, positive Erlebnisse und natürlich a „save trip home“ – in Südafrika die übliche Form der Verabschiedung.
Bis auf Bald einmal
Antonio
Hi there, you are going so well! Fabulous photos, what a trip to look back on later. You must be almost able to smell Germany now Lol! All the best for the rest of you journey and get home safe and well, we think of you often, Franny